BGH, Urteil vom 04.04.2023 – VI ZR 11/21

Als Fahrzeugführer muss die eigene Fahrweise auf auffällige Fußgänger eingestellt werden.

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Der Fahrzeughalter hat grundsätzlich für die unfallbedingten Schäden des Klägers aufgrund der Betriebsgefahr des Fahrzeugs gem. § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 11 StVG, § 115 Abs. 1 VVG einzustehen.
  2. Wenn ein grob verkehrswidriges Verhalten des Geschädigten zum Unfall führt, kann die Haftung nach dem Grundsatz der Betriebsgefahr entfallen. Eine solche Ausnahme kommt nur nach der Abwägung der kommenden Schadensursache in Betracht.
  3. Dadurch, dass der Fahrzeugführer mit einer den Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepassten Geschwindigkeit bewegt, ist die Sorghaltspflicht noch nicht vollends erfüllt. Vielmehr muss die Fahrbahn und Gegenfahrbahn im Blick behalten werden.
  4. Der geltende Vertrauensgrundsatz besagt hingegen, dass ein sich verkehrsgerecht verhaltender Fahrzeugführer nicht damit zu rechnen hat, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer  den Verkehr durch verkehrswidriges Verhalten gefährde.
  5. Der Fahrzeugführer hat seine Fahrweise trotzdem auf auffällige Fußgänger einzustellen, insbesondere wenn dieser im Laufschritt angerannt kommt und nicht damit zu rechnen ist, dass dieser für heranfahrende Autos bei der Überquerung der Straße anhält.

Urteil ist frei zugänglich.