BGH, Urteil vom 12.05.2020 – 1 StR 368/19

Versetzen des Opfers in Zustand, in dem es tödlichem Angriff eines Dritten ausgeliefert ist, ist fahrlässige Tötung.

Leitsätze der Redaktion:

1. Wer das Opfer durch wuchtige Schläge gegen den Kopf in einen Zustand versetzt, in dem es den Tätlichkeiten eines weiteren Angreifers schutzlos ausgesetzt ist, macht sich wegen fahrlässiger Tötung strafbar, wenn das Opfer infolge der Tätigkeiten des weiteren Angreifers verstirbt.

2. Die für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Schlägerei erforderlichen wechselseitigen Tätlichkeiten zwischen mehr als zwei Personen müssen nicht gleichzeitig begangen werden. Eine Schlägerei im Sinne des § 231 Abs. 1, 1. Alternative StGB kann vielmehr auch anzunehmen sein, wenn nacheinander jeweils nur zwei Personen gleichzeitig wechselseitige Tätlichkeiten verüben, aber insgesamt mehr als zwei Personen beteiligt sind, und zwischen diesen Vorgängen ein so enger innerer Zusammenhang besteht, dass eine Aufspaltung in einzelne „Zweikämpfe“ nicht in Betracht kommt und die Annahme eines einheitlichen Gesamtgeschehens mit mehr als zwei aktiv Beteiligten gerechtfertigt ist.

3. Verletzungen, die im Rahmen eins Zweikampfes zwischen 15-jährigen entstehen, sind einer Einwilligung iSv § 228 StGB zugänglich.

4. Das vorsätzliche Handeln eines Dritten unterbricht – anders als leicht fahrlässiges Handeln – regelmäßig den Zurechnungszusammenhang iSv § 227 StGB.

Urteil frei zugänglich