Der Lehrstuhl verbindet in seiner Forschung und der dazugehörigen Lehre sämtliche Bereiche des materiellen und des prozessualen Strafrechts. Besondere Schwerpunkte liegen hierbei im Sanktionenrecht, einschließlich des Jugendstrafrechts, in der Gewalt- und Vermögenskriminalität sowie bei Fragen rund um ein modernes Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit im Strafprozess. Das bedeutet eine ebenso intensive Beschäftigung mit der fortschreitenden Internationalisierung und den Chancen wie Risiken einer Strafrechtspflege im digitalen Wandel.
Ziel ist eine anschlussfähige Wissenschaft, die praktisch relevante Gesichtspunkte auf ein methodisch solides Fundament stellt, mit interdisziplinärer Offenheit und gesellschaftlicher Relevanz. Durch vorhandene Netzwerke, gezielte Kooperationen und eine strategische Kommunikation verbindet der Lehrstuhl Forschung, Praxis und Öffentlichkeit und zeigt dabei eine wissenschaftlich fundierte Präsenz im gesellschaftlichen Diskurs.
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Materielle Kriminalitätsforschung
Allgemeiner und Besonderer Teil des Strafrechts (Dogmatik i. e. S.)
Rechtswissenschaft sollte methodisch sauber, intellektuell tiefgründig und praktisch nutzbar sein. Diesem Ansatz folgend, verbinden sich grundlegende Betrachtungen in Archivzeitschriften sowie in Großkommentaren (bspw. zu §§ 16, 17 StGB im Münchener Kommentar) mit vornehmlich praxislastigen Beiträgen – etwa zu §§ 127, 129 oder 315d StGB – im BeckOK-StGB sowie in der Neuen Zeitschrift für Strafrecht (NStZ). Gleiches gilt für Tagungen, Symposien und sonstige Vorträge. Ich möchte die langjährige kombinierte Erfahrung als Wissenschaftler und Praktiker in Forschung wie Lehre gleichermaßen fruchtbar machen. Aktuelle Projekte sind namentlich die Bearbeitung der Diebstahlsdelikte (§§ 242–244a StGB) im erstaufgelegten Beck’schen Online-Großkommentar zum Strafrecht (BeckOGK Strafrecht, hrsg. von Bartel/Engländer/Frank) sowie die Autoren- und Herausgeberschaft im neuen BeckOK Waffenrecht (hrsg. von Kulhanek/Unterreitmeier/Uschold).
Kontextuelle Gewalt
Untersucht werden Gewaltphänomene, deren strafrechtliche Bewertung nicht nur isoliert als individuelle Handlung, sondern im Zusammenhang mit sozialen, kulturellen oder situativen Rahmenbedingungen verstanden werden kann. Kontextuell meint hier u. a. Gewalt, die sich aus bestehenden Einsatzlagen, sozialen Ungleichheiten oder institutionellen Strukturen ergibt, beispielsweise Großveranstaltungen, Gruppen- und Eskalationsdynamiken, kriminogene Szenestrukturen. Unser Verständnis der kontextuellen Einbettung von Gewalt kann dabei – je nach Perspektive und normativem Rahmen – einen maßgeblichen Einfluss darauf haben, ob diese strafmildernd oder strafschärfend gewertet wird. Das zeigt sich in Rechtsdogmatik, Kriminalpolitik, Strafzumessungspraxis und in interdisziplinären Diskursen gleichermaßen.
Nationale und internationale Perspektive
Kriminalität manifestiert sich lokal wie global, individuell wie kollektiv. Vergleichende Analysen, nationale und internationale Kooperationen und kriminologische Forschung tragen zur Aufklärung komplexer Tatwirklichkeiten bei und schaffen eine fundiertere Basis für Strafverfolgung und Prävention. So durfte ich im Juni 2025 am Transnational Leadership Seminar on Combating Complex Corruption and Organised Crime in South Africa teilnehmen und im Austausch mit dortigen Führungspersonen der Staatsanwaltschaft spannende Erkenntnisse gewinnen.
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Verfahrensforschung und moderne Strafrechtspflege
Informations- und kommunikationstechnologische Herausforderungen (IKT-Strafrecht)
Neue Kriminalitätsformen, die Stellung des Beweisrechts im digitalen Zeitalter samt der Legitimation und Regulierung neuer Ermittlungsinstrumente sowie notwendige Transformationsprozesse der Strafjustiz beschäftigen das Straf- und Strafprozessrecht. Ich freue mich, hieran unter anderem in der StPO-Reformkommission des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz mitwirken zu können.
Sanktionenrecht und Instanzenforschung
Im Zentrum steht nicht nur die Norm, sondern auch ihre Anwendung in komplexen sozialen und wirtschaftlichen Kontexten. Die Überlegung, wie Menschen auf das verbietende und gebietende materielle Strafrecht sowie die Vollstreckung von Strafübel reagieren und wie Recht und Rechtsprechung wiederum mit den Menschen interagieren müssen, um am Ende nach Möglichkeit einen Zustand von Rechtsruhe und Rechtszufriedenheit zu erlangen, treibt meine Forschung im Sanktionenrecht seit Jahren an. Es gilt ferner zu erörtern, wie Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte und Verteidigung ihre jeweiligen Rollen wahrnehmen und welche Faktoren das Verfahrensergebnis prägen – von der Einstellungspraxis über die Anklageerhebung bis hin zu Verhandlungsführung und Strafzumessung. Neben der Diskussion der dogmatischen Grundlagen des Sanktionenrechts dienen empirische Justizforschung, Befragungen von Verfahrensbeteiligten und Aktenanalysen dazu, die Entscheidungsrealität im Strafprozess sichtbarer zu machen.
Verfahrensethik
Eine adäquate Reaktion auf komplexe Delinquenz erfordert nicht nur materiellrechtliche Analyse, sondern ebenso verfahrensethische Reflexion, u. a. zu Fragen der sprachlich-kulturellen Zugänglichkeit, moderner, präziser und zugleich rechtssicherer Beweiswürdigung, technischer Transformation und institutioneller Rollenbilder in einem unparteiischen Verfahren. Es geht auch darum, wie das Strafrecht mit den Erwartungen der Gesellschaft interagiert und welche Rolle dabei Strafzumessung, prozedurale Fairness und rechtsstaatliche Sicherungen spielen. Aufbauend auf den Ergebnissen meiner Habilitationsschrift zum strafprozessualen Rechtsfrieden wird das Verfahren als Ort rechtsstaatlicher Selbstbindung und zugleich gesellschaftlicher Integration profiliert.
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Wissenschaft vernetzen, Wirkung entfalten
Forschungstransfer
„Anschlussfähige Wissenschaft“ bedeutet dreierlei: den Einfluss der Wissenschaft auf die Rechtsprechung zu verbessern, den Studierenden Anschauung und Praxisverständnis zu vermitteln und nicht zuletzt der Rechtsprechung die wichtige Möglichkeit zu geben, thematische Impulse für die akademische Forschung zu setzen. Ich selbst durfte in meiner über zehnjährigen justiziellen Tätigkeit mehrere Tausend Verfahren bearbeiten und dabei das Recht aus vielen Perspektiven sehen und gestalten, seine Auswirkungen auf Angeklagte und Opfer miterleben, persönliche Schicksale ein Stück weit mitempfinden. Unter anderem dieser Erfahrungsschatz führte zu meiner Habilitationsschrift „Rechtsfrieden“.
Wissenschaftskommunikation
Interviews, True-Crime-Events und weitere populäre Formate der Vermittlung eröffnen Zugänge zu strafrechtlichen Themen für eine breite Öffentlichkeit. Meine Erfahrungen als Pressesprecher erweisen sich hier als signifikanter Vorteil. Es gilt, gesellschaftlich relevante Forschungsergebnisse sichtbar zu machen und das öffentliche Verständnis für Strafrecht in seiner rechts- und gesamtstaatlichen Bedeutung zu schärfen.