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VRiLG M. Koller über „Maßregelvollstreckung und Maßregelvollzug“

VRiLG M. Koller über „Maßregelvollstreckung und Maßregelvollzug“

Am Dienstag, den 12.01.2016 hielt Herr Matthias Koller (VRiLG in Göttingen) im Rahmen des forensisch-psychiatrischen Kolloquiums einen sehr interessanten Vortrag zum Thema „Maßregelvollstreckung und Maßregelvollzug“.

Zunächst erläuterte er den Unterschied zwischen dem Vollstreckungsrecht und dem Vollzugsrecht. Dieser besteht darin, dass sich das Vollzugsrecht mit der strafrechtlichen Durchsetzung eines strafgerichtlichen Urteils befasst, während das Vollzugsrecht die Art und Weise der Durchsetzung der Sanktion regelt. Zuständig für die Strafvollstreckung ist die Vollstreckungsbehörde, also grundsätzlich die Staatsanwaltschaft, wobei die Kontrolle der Strafvollstreckung und des Vollzugs den Vollstreckungsgerichten obliegt.

Danach ging er näher auf die Aufgaben der Vollstreckungsgerichte im Rahmen der Maßregelvollstreckung ein.  Diese liegen im Wesentlichen in der Überprüfung der Unterbringung, d.h. das Vollstreckungsgericht prüft, ob die weitere Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt oder sogar für erledigt erklärt werden kann, § 67e StGB. Falls eine Resozialisierung durch eine andere Vollzugsart besser gefördert werden kann, ordnet das Vollstreckungsgericht ggf. auch eine Überweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel an, § 67a StGB.

Danach betonte Herr Koller, dass ein wesentlicher Grundsatz des Maßregelrechts der Behandlungsauftrag sei. Die medizinische Behandlung eines Untergebrachten berührt das Recht auf körperliche Unversehrtheit und ist allenfalls dann nicht verletzt, wenn der Eingriff von der Einwilligung der Untergebrachten gedeckt ist. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts hat der Untergebrachte deswegen auch das Recht, einen auf Heilung zielenden Eingriff abzulehnen (BVerfGE 128, 282). Daraus folgt, dass die Möglichkeit einer Zwangsbehandlung des Untergebrachten nur unter extrem engen Voraussetzungen möglich ist.

Anschließend ging Herr Koller auf den Begriff der Prognose im Maßregelrecht ein. So ist für die Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel u.a. entscheidend, ob der Betroffene eine negative Prognose aufweist. Es muss also zu erwarten sein, dass der Täter in Zukunft weitere erhebliche rechtswidrige Taten begeht. Umgekehrt ist für eine Aussetzung zur Bewährung eine positive Prognose der Täters erforderlich, es muss also zu erwarten sein, dass der Untergebrachte keine weiteren Taten begeht. Im Rahmen der Prüfung einer Positivprognose ist in bestimmten Fällen auch die Einholung eines Gutachtens erforderlich, §§ 454 II, 463 III 3 StPO.

Im Weiteren betonte Herr Koller den hohen Stellenwert des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Maßregelrecht, da der Untergebrachte durch den präventiven Eingriff in sein Freiheitsrecht im Interesse der Allgemeinheit ein Sonderopfer erbringe. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrsche deswegen maßgeblich die Anordnung und Fortdauer der Maßregel. Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit sind einzelne Reformvorschläge für das Maßregelrecht der Bundesregierung in der Diskussion. Insbesondere soll im Rahmen des § 67d VI StGB bei einer Unterbringung von mehr als sechs Jahren vermutet werden, dass die Fortdauer der Unterbringung unverhältnismäßig ist.

Während und nach dem Vortrag hatten die Zuhörer die Möglichkeit Fragen zu stellen, was die Informationsveranstaltung sehr lebendig hielt. Indem Herr Koller immer wieder eigene Erfahrungen und Fälle preisgab, war der Vortrag nicht nur sehr spannend, sondern hat auch einen guten Einblick in die Tätigkeit eines Richters an einer Vollstreckungskammer gegeben. 

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