BGH, Beschluss vom 29.01.2025 – 4 StR 265/24

Die aktive Mitwirkung an der Selbsttötung eines anderen kann als in mittelbarer Täterschaft begangene Tötung strafbar sein, wenn der Selbsttötungsentschluss nicht auf einem freiverantwortlichen Willensentschluss des Suizidenten beruht und der Täter in Kenntnis dessen die Tatherrschaft über das zum Tod führende Geschehen ausübt.

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Für die Strafbarkeit in Konstellationen der Selbsttötung ist, dass der Suizident sich zum Tatzeitpunkt in einer seine freie Willensbildung ausschließenden Lage befindet und der Suizidhelfer dies erkannt hat.
  2. Die Bewertung der Freiverantwortlichkeit eines Suizidentschlusses hängt davon ab, ob der Suizident über die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt und fähig ist, seine Entscheidung autonom und auf der Grundlage einer realitätsbezogenen Abwägung der für und gegen die Lebensbeendigung sprechenden Umstände zu treffen.
  3. Der Suizident muss in der Lage sein, Bedeutung und Tragweite dieses Entschlusses verstandesmäßig zu überblicken und eine abwägende Entscheidung zu treffen.
  4. Hinzutreten muss, dass dem die Selbsttötung Veranlassenden oder Fördernden eine vom Täterwillen getragene objektive Tatherrschaft über das zum Suizid führende Geschehen zukommt. Er muss das Geschehen mit steuerndem Willen in den Händen halten.
  5. Ob dies der Fall ist in wertender Betrachtung unter Einbeziehung aller im Einzelfall insoweit maßgeblichen Umstände zu ermitteln.

Beschluss frei zugänglich.