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Neu an der Fakultät: Prof. Dr. Berit Völzmann stellt sich vor

Neu an der Fakultät: Prof. Dr. Berit Völzmann stellt sich vor

© Juristische Fakultät Hannover

Die Juristische Fakultät der Leibniz Universität Hannover freut sich, dass Prof. Dr. Berit Völzmann zum Sommersemester 2024 die Gastprofessur für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie, Geschlechter- und Diversityforschung übernommen hat.

Für alle, die noch keine Gelegenheit hatten, sie kennenzulernen oder in der Vorlesung zu erleben, haben wir Frau Völzmann interviewt:

Offene Einstiegsfrage: Möchten Sie etwas Persönliches über sich preisgeben? Alter? Familienstand? Hobbies?

Ich bin 39 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Kinder. Da die beiden noch recht klein sind, erübrigt sich die Frage nach den Hobbies weitestgehend; Laufen und Lesen bekomme ich immer mal wieder hin, Wandern und Reisen in Zukunft hoffentlich bald wieder mehr.

Wo haben Sie studiert und was hat Sie dazu bewegt, ein Jura-Studium anzufangen?

Ich habe in Greifswald und in Köln Jura studiert. Bei der Studienwahl war ich ziemlich unentschieden. Die Naturwissenschaften und alles Technische konnte ich ausschließen. Ich wollte etwas Generelles, mit dem ich viel machen kann, aber trotzdem auch sehr speziell in einem Fach unterwegs bin (daher habe ich mich gegen Kommunikations- und Verwaltungswissenschaften entschieden). Ich hatte schon immer ein starkes Gerechtigkeitsbewusstsein. Und eine Affinität zu Sprache, in gewisser Weise auch zu Regeln und Politik. Meine jetzige Frau (die damals schon Jura studierte und kurz vor dem 1. Staatsexamen stand) hat versucht, mir Jura auszureden und meinte, das wäre nichts für mich. Aber eine Probevorlesung im Strafrecht hat mich überzeugt (Diebstahl eines gefrorenen Hähnchens durch Transport unterm Hut an der Kasse vorbei).

Sie waren am Aufbau der Goethe-Law Clinic der Goethe-Universität Frankfurt am Main beteiligt, die vermutlich vergleichbar mit der Legal Clinic oder Refugee Law Clinic bei uns auf dem Campus ist. Welchen Schwerpunkt hat die Goethe-Law Clinic und wie sieht die Arbeit an der Goethe-Law Clinic aus?

Der Fokus der Goethe-Law Clinic liegt auf dem Migrations- und Sozialrecht. Die Studierenden werden darin sowie in der Fallberatung ausgebildet – und beraten dann in einer wöchentlichen Sprechstunde. Für Genaueres bin ich jetzt aber leider schon viel zu lange raus.

Sie haben Ihre Dissertation zu dem Thema „Geschlechtsdiskriminierende Wirtschaftswerbung: Zur Rechtmäßigkeit eines Verbots geschlechtsdiskriminierender Werbung im UWG“ verfasst. Wie kam es dazu, dass Sie sich wissenschaftlich mit Geschlechterdiskriminierung auseinandersetzen wollten? Was fasziniert Sie an diesem Themenfeld?

Das ungefähre Thema (Diskriminierende Werbung) war tatsächlich ein Vorschlag meines Doktorvaters, der dabei maßgeblich das Lauterkeitsrecht im Blick hatte. Mich haben aber vor allem die interdisziplinären Zugänge, etwa die Geschlechter- und die Medienwirkungsforschung, und die verfassungsrechtliche Perspektive sehr interessiert. Ich weiß noch genau, wie ich irgendwann auf die Dissertationen von Ute Sacksofsky und Susanne Baer zu Art. 3 Abs. 2 GG gestoßen bin und dies als unglaubliches Erweckungserlebnis empfunden habe: So also lässt sich (strukturelle) Diskriminierung verfassungsrechtlich adressieren (nämlich als Dominierungs- bzw. Hierarchisierungsverbot).

Ich war schon immer interessiert an Machtverhältnissen, aber erst jetzt hatte ich die feministische Rechtswissenschaft entdeckt. Und sie hat mich nicht mehr losgelassen. Ich finde es einfach wahnsinnig reizvoll, bestehende Annahmen und Glaubenssätze immer wieder zu hinterfragen, Minderheitenpositionen einzunehmen und Perspektivwechsel zu vollziehen: Wen denken wir nicht mit? Was übersehen wir? Es ist eine bestimmte Perspektive auf das Recht. Sie zielt letztlich darauf, Recht besser zu machen – und damit das Leben von Menschen.

Sie haben ehrenamtlich einen Forschungsaufenthalt am Southern African Media and Gender Institute in Kapstadt, Südafrika, absolviert. Was war Ihre Aufgabe im Rahmen Ihres Aufenthaltes? Gibt es in der Geschlechter- und Diversityforschung Unterschiede in der Herangehensweise oder Schwerpunktwahl, wenn man die Forschung in Mitteleuropa mit der in Südafrika vergleicht?

Ich habe an Projektplanungen mitgewirkt, Beiträge für die Homepage geschrieben und habe an vielen sogenannten Stakeholder-Meetings teilgenommen. Insbesondere letzteres war wirklich sehr interessant: Es gibt – oder gab jedenfalls damals in Cape Town – eine ausgesprochen intensive Diskurskultur zwischen staatlichen Stellen und unterschiedlichsten zivilgesellschaftlichen Organisationen. Und dies sowohl zu sehr konkreten Themen (etwa Förderung von Frauen im Strafvollzug) als auch zu sehr grundlegenden: Ich erinnere mich, dass wir in Gruppen aufgeteilt über Rassismus und strukturelle Diskriminierung diskutiert haben.

Ich hatte Südafrika gewählt aufgrund der aus antidiskriminierungsrechtlicher Sicht fortschrittlichen Verfassung und weil mich sehr interessiert hat, wie dort nach dem Ende der Apartheid strukturelle Diskriminierung abgebaut und tatsächliche Gleichheit gefördert wird. In dieser Hinsicht war der Aufenthalt allerdings sehr ernüchternd (wenn auch lehrreich): Verfassungstext und tatsächliche Realität klafften weit auseinander.

Kurz gefragt, kurz geantwortet:

Auto, Fahrrad oder Öffis?

Öffis. Sobald ich nicht mehr pendele aber Fahrrad.

Roman oder Netflix-Serie?

Beides!

Kochen oder kochen lassen?

Definitiv kochen lassen.

Bier oder Wein?

Kommt drauf an (das Essen, den Anlass, die Umgebung).

Habersack oder Beck-Ausgaben?

Da ich zum Glück kein Examen mehr schreiben muss: Beck.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Frau Völzmann für das Interview!

Verfasst von VCL