Faculty of Law Faculty Professuren Prof. Dr. Meier
Projekt: Effektivität kriminalpräventiver Maßnahmen im Gesundheitswesen

Projekt: Effektivität kriminalpräventiver Maßnahmen im Gesundheitswesen

© Juristische Fakultät Hannover

Untersuchung, inwieweit die Einführung von Fehlverhaltensbekämpfungsstellen in das System der Gesetzlichen Krankenkassen tatsächlich zu empirisch nachweisbaren Veränderungen, insbesondere des Fallaufkommens von wirtschaftskriminellen Handlungen zu Lasten der Solidargemeinschaft geführt hat.

Projektdaten

  • Laufzeit: 09/2016 - 09/2019
  • Status: laufend
  • Mitarbeitende: Angelika Reinelt

Das Projekt: Effektivität kriminalpräventiver Maßnahmen im Gesundheitswesen

Der Herzklappenskandal Anfang der 90er Jahre war Auslöser einer bis heute anhaltenden Flut an Medienberichten über Fehlverhalten im System der gesetzlichen Krankenversicherung. Dabei steht nahezu das gesamte Gesundheitssystem - Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser, Physiotherapeuten, die Pharma- und Medizinprodukteindustrie bis hin zu ambulanten Pflegediensten - unter dem Verdacht, medizinische Leistungen entgegen sozialrechtlichen Bestimmungen zu erbringen und abzurechnen. Wirtschaftskriminelles Fehlverhalten im Gesundheitswesen geht in erster Linie zu Lasten der Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung, in der zurzeit ca. 92 % aller Bürger in der Bundesrepublik Deutschland versichert sind, so dass nahezu jeder Bürger zumindest mittelbar von wirtschaftskriminellen Handlungen im Gesundheitswesen betroffen ist.

In den letzten Jahren hat es verschiedene Bemühungen gegeben, um der Vermögenskriminalität im Gesundheitswesen entgegenzuwirken. Insbesondere wurden die Gesetzlichen Krankenkassen und Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen in den §§ 81a I 1 und 197a I 1 SGB V mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung von 2003 dazu verpflichtet, sog. Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen zu errichten. Diese sollen alle Sachverhalte aufklären, die auf Unregelmäßigkeiten oder auf rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit den Aufgaben der jeweiligen Krankenkasse hindeuten. Ziel ist das Erkennen und Verhindern von Abrechnungsmanipulationen und anderen vermögensrelevanten Sachverhalten, die nach dem SGB V als rechtswidrig einzustufen sind und deshalb keinen Honoraranspruch rechtfertigen.

Forschungsziele

Angesichts des hohen Stellenwertes, den sowohl das kriminologische Phänomen des Abrechnungsbetrugs als auch die Forderung nach evidenzbasierter Kriminalprävention im öffentlichen Diskurs angenommen hat, drängt sich die Frage nach der Wirksamkeit bzw. Effektivität von Maßnahmen zur Eindämmung von Fehlverhalten im System der gesetzlichen Krankenversicherung nahezu auf. Die knappen Ressourcen sollten für geprüfte Maßnahmen eingesetzt werden, also solche, die den besten Wirkungsgrad bezüglich der definierten Ziele aufweisen.

Gleichzeitig ist über die Wirksamkeit der Tätigkeit der Bekämpfungsstellen so gut wie nichts bekannt - verschiedentlich wird die Effektivität im Schrifttum sogar stark bezweifelt. Die vorliegende Arbeit soll daher untersuchen und darstellen, inwieweit die Einführung von Fehlverhaltensbekämpfungsstellen in das System der Gesetzlichen Krankenkassen tatsächlich zu empirisch nachweisbaren Veränderungen, insbesondere des Fallaufkommens von wirtschaftskriminellen Handlungen zu Lasten der Solidargemeinschaft geführt hat.

Methoden

Erster Schritt der Arbeit ist deshalb eine bundesweite Bestandsaufnahme der Organisation und Tätigkeit aller Fehlverhaltensbekämpfungsstellen. Im zweiten Schritt soll eine evidenzbasierte Einschätzung zur Wirksamkeit der Tätigkeit der Fehlverhaltensbekämpfungsstellen erarbeitet werden, in dem mittels Vergleichsgruppenbildung und Regressionsanalysen ermittelt wird, welchen kausalen Einfluss die Arbeit der Fehlverhaltensbekämpfungsstellen hinsichtlich des Kriminalitätsaufkommens hat. Darüber hinaus soll untersucht werden, ob sich signifikante Unterschiede über die Zeit ergeben. Insofern wird also ein Vergleich verschiedener Messzeitpunkte durchgeführt und untersucht, ob sich im Laufe der Zeit signifikante Unterschiede hinsichtlich der Kriminalitätsrate ergeben haben. Weiterhin soll erarbeitet werden, welche Struktur- und Prozessmerkmale im Hinblick auf die Effektivität der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen maßgeblich sind.

Dabei basiert die Arbeit auf zwei unterschiedlichen Zugängen zum Untersuchungsfeld. Es wird zum einen eine standardisierte, schriftliche Befragung der interventionsdurchführenden Fehlverhaltensbekämpfungsstellen durchgeführt. Zum anderen werden die von den Fehlverhaltensbekämpfungsstellen nach § 197a V SGB V zu erstellenden Tätigkeitsberichte aus den Berichtszeiträumen 2004/2005; 2014/2015 und 2016/2017 erfasst und ausgewertet. In der vorliegenden Untersuchung sollen insofern Daten, die aus verschiedenen Quellen stammen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben wurden, berücksichtigt werden

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