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Löschung von unangemessenen Online-Bewertungen: Studierende entwickeln Dienstleistungsangebot im Rahmen der Vorlesung "Legal Tech"

Löschung von unangemessenen Online-Bewertungen: Studierende entwickeln Dienstleistungsangebot im Rahmen der Vorlesung "Legal Tech"

© Michael Friedmann | Juristische Fakultät Hannover

Was ist Legal Tech? Wie kann Legal Tech die juristische Arbeit beeinflussen?

Mit diesen und noch vielen weiteren Fragen befassten sich Studierende in der Vorlesung „Legal Tech“, die im Rahmen des Schwerpunktbereichs 8 – Anwaltliche Rechtsberatung und Anwaltsrecht und des ADVO-Z-Programms im Sommersemester 2022 unter der Leitung von RA Florian Specht und RA Michael Friedmann stattfand.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, in denen sich die Teilnehmenden und die Dozierenden näher kennenlernen konnten, schlüsselten wir den Begriff „Legal Tech“ auf und schauten uns an, wo uns Legal Tech im Alltag begegnet und welche unzähligen Plattformen und Anbieter bereits existieren. In Deutschland existieren beispielsweise Plattformen wie „Frag-einen-Anwalt.de“, auf welcher jeder Rechtsratsuchende kostenpflichtig seine Frage stellen kann und Hilfe von einer Vielzahl an registrierten Anwält*innen erhält. Ein weiteres Beispiel, welches wohl vielen ein Begriff sein dürfte, ist die Plattform „Flightright.de“, auf welcher Flugreisende ihre Rechte im Falle von Flugverspätungen oder sonstigen Mängeln geltend machen können. An diesem Punkt wagten wir auch einen Blick über die Ländergrenzen hinweg und waren von der großen Vielfalt beeindruckt. Wir schauten uns hier konkret die USA und die dort existierenden Legal-Tech Plattformen an. So gibt es dort mit „Modria“ eine der größten Plattformen zur Streitbeilegung außerhalb der klassischen Gerichtsbarkeit, die eine Vielzahl von Verfahren gänzlich online abwickelt. Besonders bei diesem Beispiel wurde uns bewusst, dass die Digitalisierung der Gerichtsverfahren in Deutschland noch sehr ausbaufähig ist und dass hier viele Chancen vertan werden, die Gerichte gerade bei kleineren Verfahren mit kleinen Streitwerten zu entlasten.

Danach wurde es Zeit, die Funktionsweise von Legal Tech Plattformen und Anwendungen näher zu untersuchen. Wir lernten viel über sogenannte „regelbasierte Ansätze“ und auch „Machine-Learning gestützte Ansätze“ und sprachen in diesem Zusammenhang auch über die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Ansätze. Wir beschäftigten uns ebenfalls mit dem Themenfeld „Künstliche Intelligenz“ und wie dieses bereits heute viele Arbeitsabläufe erleichtern kann. Dabei wurde die Verknüpfung mit rechtlichen Themen und Problemfeldern immer wieder hergestellt.

Während wir über viele Aspekte im Zusammenhang mit Legal Tech sprachen, standen uns Herr Specht und Herr Friedmann mit ihrer beruflichen Expertise und Erfahrung mit Rat und Tat zur Seite und schafften so eine besonders anregende Lernatmosphäre. Wir erhielten immer wieder interessante Blicke hinter die Kulissen von großen Anbietern und Unternehmen.

Das Highlight des Seminars bildete die letzte Einheit, in der wir in Gruppen eingeteilt eine eigene Start-Up-Idee verfolgen sollten. Einzig die Grundidee des Start-Ups wurde im Vorfeld festgelegt. Thematisch sollte es um eine Dienstleistung gehen, bei welcher die Löschung von unangemessenen Online-Bewertungen angeboten werden soll. Jede Gruppe beschäftigte sich im Anschluss mit einem eigenen Bereich, darunter fiel beispielsweise die Entwicklung des Produktes als solches sowie die entsprechende Vermarktung. Nach intensiver Arbeit stellte jede Gruppe ihre Ergebnisse den jeweils anderen Gruppen vor. Zum Produkt als solches gab es zwei Ansätze. Der eher klassische Ansatz bestand darin, die Löschung der Kommentare durch Einsatz von geschultem Personal zu veranlassen. Ein weiterer interessanter Ansatz verfolgte die Idee, eine Art künstliche Intelligenz auf die Art und Weise zu schulen, dass diese durch bestimmte Schlagwörter unangemessene Kommentare erkennt und durch darauf folgende Automatismen alle weiteren Schritte zur Löschung in die Wege leitet. Hierfür wurde ein Flussdiagramm erstellt, um die einzelnen Entscheidungszweige besser visualisieren zu können. Beide Lösungswege bedurften im Vorfeld einer grundlegenden Diskussion darüber, wann ein solcher Kommentar oder eine Bewertung „unangemessen“ ist. Hierbei sind vor allem rechtliche Wertungen eingeflossen, um die Grenze zur rein konstruktiven Kritik setzen zu können.

Am Ende dieses Seminars hat jeder Teilnehmende wertvolle Kenntnisse im Bereich Legal Tech gewonnen, die vor allem mit Blick auf die Zukunft an immer mehr Relevanz gewinnen werden.

Verfasst von Lucia Zajac.

Über die Referenten

Michael Friedmann ist Rechtsanwalt in Hannover und Geschäftsführer von 123recht.de, frag-einen-anwalt.de und primelegal.de. Florian Specht ist ebenfalls ist Rechtsanwalt und Gründer des Legal-Tech StartUps Pflegewächter.

Beide haben in Hannover studiert und sind als Lehrbeauftragte der Juristischen Fakultät im Rahmen des Schwerpunkts 8 tätig. 

Weitere Veranstaltungen im Bereich Digitalisierung für Studierende

Wenn Sie sich bereits im Studium mit den juristischen Herausforderungen, die sich durch die Digitalisierung bspw. für den Anwaltsberuf ergeben, auseinandersetzen möchten, können wir Ihnen auch einen Blick auf folgende Veranstaltungen und ergänzende Studiengänge empfehlen:

Verfasst von JTS