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Tipps für die Examensvorbereitung: Interview mit Spitzenabsolvent Fabian Vügten

Tipps für die Examensvorbereitung: Interview mit Spitzenabsolvent Fabian Vügten

© Simone Tiedau | Juristische Fakultät Hannover

Fabian Vügten war mit einem Notendurchschnitt von 14,41 Punkten im ersten Examen nicht nur der beste Absolvent des Jahrgangs 2022 unserer Fakultät, sondern führte auch die Liste der zehn besten Absolventinnen und Absolventen des Jahres 2022 in Niedersachsen an. Darüber hinaus wurde er vom Präsidium der Leibniz Universität mit dem „Leibniz Talents“-Preis ausgezeichnet.

Wir haben versucht, sein Erfolgsrezept für ein herausragendes Examen herauszufinden, und ihn dafür interviewt.

Was war im ersten Semester Ihr Lieblingsfach?

Soweit ich mich erinnere, hatte ich kein richtiges Lieblingsfach. Am Anfang, als alles noch unbekannt war, habe ich eigentlich jedem neuen Fach eine gewisse Neugier entgegengebracht. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir allerdings die Vorlesung BGB I bei Professor Heinze. Die Vorlesung war unterhaltsam, zugleich fordernd und lehrreich. Die letzteren beiden Eigenschaften trafen allerdings auch auf die Klausur am Semesterende zu. Die anderen Fächer liefen wesentlich besser.

Welchen Schwerpunkt haben Sie gewählt? Haben Sie ihn vor oder nach dem staatlichen Teil absolviert?

Ich habe den Schwerpunkt 7 (IT-Recht und Geistiges Eigentum) gewählt und ihn nach den schriftlichen Examensklausuren begonnen. So hatte ich nach dem ersten Schwerpunktsemester meine mündliche Pflichtfachprüfung und zu Beginn des zweiten Semesters die Schwerpunktarbeit. Ich bin mit der Wahl und auch der Reihenfolge sehr zufrieden gewesen. Der Schwerpunkt war eine willkommene Abwechslung nach der Pflichtfachprüfung. Außerdem kann man auf sein Examenswissen aufbauen.

Wie sah Ihre Examensvorbereitung aus und wie lange hat sie gedauert?

Ich war in einem kommerziellen Repetitorium und habe daneben selbst den Stoff vertieft – oder überhaupt erstmals gelernt. Ehrlich gesagt hatte ich zu Beginn der Examensvorbereitung von den zivilrechtlichen Nebengebieten, Baurecht oder den Prozessordnungen wenig Ahnung. Dementsprechend habe ich mir nach dem Jahreskurs ein halbes Jahr Zeit gelassen, mich erst gezielt auf Zivilrecht vorzubereiten, um danach dass öffentliche Recht und Strafrecht in Angriff zu nehmen. Parallel dazu habe ich von Beginn an mit Freunden Klausurfälle aus JuS, JA oder dem HannES-Klausurenkurs gelöst. In diesem Rahmen konnte man nicht nur über die Falllösung diskutieren, sondern auch Fragen aller Art klären, die sich im Laufe der Lernwoche auftaten. Insgesamt habe ich versucht, mir ein möglichst breites Wissen im examensrelevanten Stoffbereich anzueignen und mich nicht allzu sehr in Details zu verlieren. Kurz vor den Klausuren habe ich mich außerdem mit aktueller Rechtsprechung beschäftigt, da sich das Prüfungsamt hier gerne inspirieren lässt.

Wie viele Probeklausuren haben Sie ungefähr geschrieben?

Das waren etwa 60 Stück, überwiegend im HannES-Klausurenkurs. Der weit überwiegende Teil im Zivilrecht, einige im öffentlichen Recht und nur sehr wenige im Strafrecht. Durch die zahlreichen Klausuren im Zivilrecht hatte ich den Eindruck, das Klausurhandwerk in der Examenssituation handhaben zu können. Dafür habe mich in den anderen Fächern umso mehr auf den Stoff konzentriert. Besonders geholfen hat mir übrigens ein privat organisierter Klausurenkurs. Wir haben uns zu dritt Klausuren gesucht, geschrieben und diese gegenseitig korrigiert. Dabei bekam man ein viel genaueres Feedback als es in der herkömmlichen anonymen Korrektur möglich ist. Daneben hilft es, selbst einmal die Perspektive eines Korrektors einzunehmen. Außerdem kann man beim Lesen einer anderen „echten“ Klausurlösung den ein oder anderen Kniff lernen. So verhindert man auch, beim Schreiben in sich stetig wiederholende Formulierungsmuster zu verfallen.

Gab es etwas, das Sie als Ausgleich zum intensiven Lernen in der Vorbereitungsphase auf das Examen gemacht haben?

Da ich zuhause in meiner Wohnung gelernt habe, habe ich mittags gerne gekocht und eine recht ausgedehnte Pause gemacht. Abends bin ich häufig Laufen gegangen, um den Kopf freizubekommen. Ansonsten war es mir wichtig, auch guten Kontakt zu Freunden zu halten, die nichts mit Jura zu tun haben. Das Leben dreht sich schließlich um weit mehr als nur das juristische Staatsexamen.

Welchen Rat oder welche Empfehlungen möchten Sie Studierenden für die Examensvorbereitung auf den Weg geben?

Mein Rat ist, sich zu vergegenwärtigen, was im Examen gefordert ist: Einen Fall gutachterlich zu lösen – mit dem Gesetz, aber ohne weitere Hilfsmittel. Das heißt zum einen, die Falllösung zu trainieren: Ob allein, in der Lerngruppe oder im (privaten) Klausurenkurs, wenigstens durch skizzenhaftes Lösen. Zum anderen hieß das für mich auch, beim Lernen des Stoffes stets zu versuchen, diesen Fallbezug aufrecht zu erhalten, sich also zu fragen: Wo und wie kommt ein Problem in der Lösung eines Falles vor? Damit hängt auch zusammen, dass man sich bewusst machen sollte, was und wie viel in einem Gutachten überhaupt realistisch betrachtet von einem verlangt werden kann. Musterlösungen – gerade in Ausbildungszeitschriften – vermitteln oft einen falschen Eindruck und können verunsichern. Man kann und muss nicht jeden Meinungsstreit kennen und akkurat darstellen können. Häufig reicht es vielmehr, ein Problem in der Klausur überhaupt zu erkennen, es zu thematisieren und schließlich argumentativ eine Lösung zu entwickeln. Das ist bereits anspruchsvoll genug und wird entsprechend honoriert. Ansonsten muss man sicher ein bisschen ausprobieren, um seinen eigenen Weg zu finden. Dabei hilft es sehr, den Erfahrungsaustausch mit unterschiedlichen Kandidatinnen und Kandidaten zu suchen, die das Examen bereits hinter sich haben.

Wie geht es nun bei Ihnen weiter? Was sind Ihre Pläne?

Ich bin seit Dezember letzten Jahres Referendar im Bezirk des Oberlandesgerichts Celle und derzeit bei der Staatsanwaltschaft Hannover. Vor dem Referendariat habe ich einige Monate in Hamburg gelebt und bei einer auf Prozessführung spezialisierten US-Kanzlei gearbeitet. Das war eine tolle Möglichkeit, einen Teil des bisher erlernten Wissens praktisch anzuwenden, sehr viel Neues zu lernen und sich etwas auszuprobieren. Für mich haben dann jedoch die Vorteile überwogen, direkt das zweite Examen anzuschließen.

Kurz gefragt, kurz geantwortet:

Contine oder Hauptmensa?

Contine. In der Hauptmensa habe ich bisher nie gegessen, sondern nur Klausuren geschrieben.

NJW oder JA?

In der Examensvorbereitung: JA.

Bib oder zuhause?

Da ich bisher nicht einen einzigen Tag in der Bib gelernt habe: Ganz klar zuhause.

Cocktails oder Bier?

Bier. Oder beides.

Habersack (ehemals Schönfelder) oder Beck-Ausgaben?

Beck-Ausgaben. Stetig neue Ergänzungslieferungen im Briefkasten zu finden, ist sicher nichts, was ich vermisse.

 

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Fabian Vügten für das Interview!

Verfasst von VCL