BGH, Urteil vom 18.08.2022 – 4 StR 377/21

Ein Kraftfahrzeugführer, der ein Rennen gegen sich selbst i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB fährt, verwirklicht den Qualifikationstatbestand des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht, wenn er durch sein Fahrverhalten während des Alleinrennens eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht.

Orientierungssätze aus dem Urteil:

  1. Die Tathandlung muss über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine Verkehrssituation geführt haben, in der die Sicherheit eines der benannten Individualrechtsgüter so stark beeinträchtigt worden ist, dass der Eintritt einer Rechtsgutsverletzung - was aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist - nur noch vom Zufall abhing. 
  2. Dabei genügt es in der Regel nicht, dass sich Menschen oder bedeutende Sachwerte in enger räumlicher Nähe zur Gefahrenquelle befunden haben. 
  3. Dies bedeutet in subjektiver Hinsicht, dass der Täter nur dann mit dem erforderlichen zumindest bedingten Gefährdungsvorsatz handelt, wenn er über die allgemeine Gefährlichkeit des Alleinrennens hinaus auch die Umstände kennt, die den in Rede stehenden Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und er sich mit dem Eintritt dieser Gefahrenlage zumindest abfindet. 
  4. Diese Auslegung entspricht der Rechtsprechung zum Gefährdungsvorsatz in den §§ 315 - 315c, auf die nach der Gesetzesbegründung zu § 315d Abs. 2 StGB zurückgegriffen werden kann.

Urteil frei zugänglich.