BGH, Urteil vom 25.10.2022 – 4 StR 268/22

Ein wesentlicher Anknüpfungs­punkt für die Frage, ob der Täter mit Brandstiftungs­vorsatz im Rahmen des § 306 Abs.1 StGB gehandelt hat, ist der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass ein Tatobjekt in Brand gerät. Maßgebend ist insoweit aber stets eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände.

Leitsätze aus dem Urteil:

Zum Vorliegen eines Tatobjektes gem § 306 Abs.1 Nr. 3 StGB:

  1. Gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer fremde Warenlager oder -vorräte in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört. Waren sind körperliche Gegenstände, die zum gewerblichen Umsatz, regelmäßig zum Verkauf, bestimmt sind (...). [Rn. 5]
  2. Die Begriffs­bestimmung der Waren als zum Umsatz bestimmte beweglichen Sachen entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch, wie er auch in § 92 Abs. 2 BGB und § 241a Abs. 1 BGB seinen Niederschlag gefunden hat. Zu einem anderen Begriffsverständnis geben auch die Gesetzesmaterialien (...)  (BGBl. I S. 164) keinen Anlass (...). [Rn. 5]
  3. Der Gesetzgeber hat bewusst den umfassenderen Begriff des Magazins aufgegeben, zu dem nach der Rechts­prechung ein Gebäude, eine Baulichkeit oder eine sonstige dauernde Einrichtung zählten, in welchen „bestimmungs­gemäß größere Vorräte von Waren, Konsumtibilien, Kriegsbedürfnissen oder dergleichen Gegenständen aufgespeichert werden“ (...).[Rn. 5]
  4. Keine Waren im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB sind demnach Gegenstände, die zum Eigenverbrauch oder zur Weiterverarbeitung vor Ort bestimmt sind (...).[Rn. 5]

Zum Vorliegen eines Tatobjektes gem. § 306 Abs.1 Nr. 1, 2 StGB:

  1. Ein Gebäude nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist ein durch Wände und Dach begrenztes, mit dem Erdboden verbundenes Bauwerk, das den Eintritt von Menschen gestattet (...). [Rn. 7]
  2. Auch ist der objektive Tatbestand von § 306 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt, da die Lagerhalle mit Materialien und Maschinen eine Sachgesamtheit von baulichen Anlagen und Inventar darstellte, die einem gewerblichen Betrieb dienten (...).  [Rn. 7]

Zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes gem. § 306 Abs.1 StGB:

  1. Eine vollendete Brandstiftung  in der Variante der Inbrandsetzung setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat (bedingter Vorsatz), dass durch seine Tathandlung das in Rede stehende Tatobjekt vom Feuer ergriffen wird und selbständig weiterbrennt (...). [Rn. 8]
  2. Dabei muss sich der Vorsatz auch auf den zum Eintritt des Erfolges führenden Geschehensverlauf erstrecken, wobei eine Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf nach der Rechts­prechung des BGH als unwesentlich anzusehen ist, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebens­erfahrung Vorhersehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt (...). [Rn. 8]
  3. Das Bestehen eines solchen Vorsatzes im Tatzeitpunkt ist – sofern sich dies nicht ausnahmsweise von selbst ergibt – beweiswürdigend zu belegen. Bei einem leugnenden Angeklagten können innere Tatsachen wie seine Vorstellungen über die möglichen Folgen seines Handelns und deren Billigung regelmäßig durch Rückschlüsse aus dem äußeren Tatgeschehen festgestellt werden (...). [Rn. 8]
  4. Ein wesentlicher Anknüpfungs­punkt für die Frage, ob der Täter mit Brandstiftungs­vorsatz gehandelt hat, ist der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass ein Tatobjekt in Brand gerät (...). [Rn. 8]
  5. Maßgebend ist insoweit aber stets eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände (...). [Rn. 8]

Urteil frei zugänglich.