BVerfG, Beschluss vom 13.02.2020 – 2 BvR 739/17

Formelles Zustandekommen Zustimmungsgesetz.

Amtliche Leitsätze:

1.Der Schutz von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG erstreckt sich auch auf die Wahrung der Anforderungen des Art.23 Abs.1 GG an eine wirksame Übertragung von Hoheitsrechten. Bürgerinnen und Bürger haben zur Sicherung ihrer demokratischen Einflussmöglichkeiten im Prozess der europäischen Integration grundsätzlich ein Recht darauf, dass eineÜbertragung von Hoheitsrechten nur in den vom Grundgesetz dafür vorgesehenen Formen der Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, Art. 79Abs. 2 GG erfolgt (formelle Übertragungskontrolle). 

2.Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen, die in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis zum Integrationsprogramm der Europäischen Union stehen, sind an Art. 23 Abs. 1GG zu messen.

3.Ein Zustimmungsgesetz zu einem völkerrechtlichen Vertrag, das unter Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 2 GG ergangen ist, vermag die Ausübung öffentlicher Gewalt durch Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union oder eine mit ihr in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis stehende zwischen-staatliche Einrichtung nicht zu legitimieren und verletzt deshalb die Bürgerinnen und Bürger in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art.20 Abs. 1und Abs. 2 in Verbindung mit Art.79 Abs. 3 GG.

Beschluss frei zugänglich